Delegieren ist mehr als nur Aufgaben abzugeben | Johann Kornelsen
08 | 04 | 2019

Delegieren: mehr als Auf­gaben abgeben!

Delegation ist für den Unternehmer in der frühen Phase des Unternehmens der Weg zur Freiheit. Durch Delegieren erhält er den Freiraum, sich auf wachs­tumsrelevante Aufgaben konzen­trieren zu können, mehr Freizeit zu gewinnen oder Herzensprojekte anzugehen. Außerdem ist gezielte Delegation auch ein Weg zur Ent­wick­lung von Mitar­bei­tern, was sich für den Unternehmer später in mehr Ertrag und Gestaltungs­spielräumen auszahlt.

Delegieren als Weg aus der ersten Wachs­tums­krise

Die „Greiner-Kurve“ von Larry E. Greiner ist seit ihrer Vorstellung im Harvard Business Review ein Klassiker geworden, um Unternehmens­ent­wicklungsphasen zu beschreiben. Laut Greiner wechseln sich Wachstums­phasen mit Krisen ab. Nur wenn die nächste Krise erfolgreich bewältigt wird, ist weiteres gesundes Wachstum die Folge. Als Berater und Wegbeg­leiter für Unternehmer komme ich in vielen Fällen in der ersten Krise – der Führungskrise — ins Spiel. Direkt nach der Gründung stehen meist der Gründer und seine Geschäftsidee im Mittelpunkt. Neue Kunden kommen dazu und häufig werden Bekannte aus dem eigenen Netzwerk oder sogar Freunde eingestellt, um das neu auftretende Geschäft abzuwickeln. Die Gründer sind mit viel Improvisation und teilweise Chaos, jedoch mit Leidenschaft dabei. Jeder übernimmt die Aufgaben, die anfallen und die Kommunikation ist sehr informell. Wichtige Entscheidungen trifft der Gründer und häufig ist er oder sie auch die Person, die nacharbeitet, manchmal noch Rechner installiert oder sogar Putzarbeiten übernimmt. Da viele als Selbstständige oder Freiberufler gestartet sind, sind sie auch mit der Mentalität „selbst und ständig“ unterwegs. Da alles über den Tisch des Gründers läuft und er sich wie ein Selbstständiger verhält, kommt es oft zur Stagnation des Unternehmens, wenn ca. 10 Mitarbeiter erreicht sind. Der Gründer selbst wird zum Hindernis für weiteres Wachstum. Ohne dass ein Schuldiger identifiziert wurde, ist diese Phase von Stagnation gekennzeichnet und die Beteiligten beklagen sich häufiger über Chaos oder fehlende Entwicklung. Der Fehler des Unter­nehmers an diese Stelle ist, dass er zu viel imund zu wenig amUnternehmen arbeitet. Um weiter zu wachsen, ist es entscheidend, gewisse Strukturen zu etablieren. Wer hat welche Stärken im Unternehmen? Wie kann man diese gezielter einsetzen? Welche Prozesse sollten etabliert werden, um Abstimmungen zu vereinfachen? Welche Aufgaben kann nur der Unternehmer übernehmen, damit das Unternehmen wächst? Und hier gilt es, Aufgaben abzugeben, die Zeit rauben.

Welche Aufgaben kann nur der Unternehmer wahrnehmen? Womit macht er den Unterschied?

Der Unternehmer sollte sich bei diesen Fragen fokussieren und Aufgaben delegieren, damit ein System gebaut werden kann, welches für ihn arbeitet und ihm die nötige Freiheit gibt, sich den wichtigsten Themen zu widmen, mehr Freizeit zu genießen oder Herzensprojekte anzugehen. Selbst für Solo-Selbstständige kann sich die Investition in eine Assistenz lohnen, um Wachstum zu generieren.

Delegation ist (auch) Perso­nal­entwicklung

Jede gezielte Delegation ist eine Möglichkeit, die Fähigkeiten und Selbstverantwortung von Mitarbeitern zu stärken. Somit ist Delegieren ein wichtiges Instrument der Personal­ent­wicklung – eine Investition von unschätzbarem Wert. Daher gilt es, gezielt zu überlegen, in welcher Reifephase sich der Mitarbeiter aktuell befindet, was sein maximales Potential ist und welche Aufgabe ihn oder sie in gesundem Maß reizt, Neues zu lernen und die Komfortzone zu verlassen. Dabei gilt es, Überforderung genauso wie dauerhafte Unterforderung zu vermeiden. Hersey und Blanchard’s Modell der Situativen Führung ist ein möglicher Ansatz, dieses Thema systematisch zu durchdenken und anzugehen: https://karrierebibel.de/situativer-fuehrungsstil/.

Ich habe mit meinen Kernmitarbeitern stets ihr Persönlichkeitsprofil analy­siert und angeborene Denk-, Gefühls-, und Verhaltensmuster systematisch erfasst. Dabei halfen mir Tools wie das persolog Persönlichkeits­profil oder der Gallup StrengthsFinder.

Jede Aufgabe, die ein Mitarbeiter erledigen könnte und die du nicht delegierst, ist möglicherweise eine verpasste Chance für seine Entwicklung und eine verpasste Investition in deine eigene sorgenfreie Zukunft!

Effektive Delegation

  • Bei der Delegation solten ein paar Grundregeln beachtet werden, damit sie effektiv ist:
    Wer eine Aufgabendelegation nicht gründlich vorbereitet, hat am Ende sogar mehr Arbeit als weniger. Welchen Zweck verfolgt das Delegieren? Erkläre erwachsenen Leuten immer das Warum, damit sie sich damit identifizieren können und die Sinnhaftigkeit und den Beitrag zum Gesamtergebnis sehen. Das motiviert nachhaltig. Wie sieht das konkrete Zielbild nach erledigter Aufgabe aus? Welche entscheidenden Rahmenbedingungen und Restriktionen gibt es zu beachten? Wen kann man in schwierigen Situationen fragen, um Hilfe zu bekommen?
  • Hole dir ein Commitment des Mitarbeiters ein. Frage den Mitarbeiter, zu welchem Zeitpunkt er mit der Aufgabe fertig sein möchte, wenn es nicht eine zwingende Deadline für die Abgabe gibt. So lernt er oder sie eigenverantwortlich zu planen und Verantwortung bewusster zu übernehmen. Gerade in frühen Phasen der Zusammenarbeit sollte die Delegation initial persönlich und mündlich erfolgen. Später könnt ihr mehr schriftlich arbeiten.
  • Welche Priorität hat die Aufgabe? Ich verfahre nach einem einfachen Schema, um die Selbstverantwortung des Mitarbeiters zu steigern. Hat die Aufgabe die Priorität A, dann gebe ich den Termin vor und die Aufgabe ist vorrangig zu behandeln. Prio B-Aufgaben behandelt der Mitarbeiter nachrangig und gibt mir eine eigene Einschätzung, wann sie fertig werden. Prio C-Aufgaben dürfen vom Kollegen oder der Kollegin stets nachrangig behandelt werden, ohne eine Zeitlinie zu nennen. Das sind Aufgaben, auf die es überhaupt nicht ankommt. Die Zuordnung der Prioritäten erfolgt direkt bei der Delegation, kann jedoch im Laufe der Zeit angepasst werden. Das sollte stets direkt kommuniziert werden.
  • Wer die Reifephase des Mitarbeiters nicht berücksichtigt, überfordert den Mitarbeiter, statt ihn zu entwickeln. Das Risiko ist, dass die Selbstwirksamkeits­erwartung des Mitarbeiters (wie sehr traue ich mir die Erfüllung einer Aufgabe zu?) für weitere Aufgaben leidet. Aktuell coache ich einen Mitarbeiter, der sich beim Kunden auf ein einfaches Aufgabengebiet fokussiert hat, bei dem er regelmäßiges gutes Feedback bekommt. Der Mitarbeiter traut sich nicht in neue Felder, weil er beim ersten Mal überfordert wurde.
  • Nutze ein einfaches IT-System, um delegierte Aufgaben nachzuverfolgen und auch informelle Kommunikation und Informationsaustausch mit dem Mitarbeiter sicherzustellen. Ich habe stark vom Getting-Things-Done-Ansatz von David Allen profitiert und mein Selbstmanagement danach ausgerichtet. Dabei wird jede delegierte Aufgabe z. B. in der Kategorie „Wartet auf“ festgehalten. Tools wie Wunderlist oder Trello lassen einfache Kommunikation und Austausch von relevanten Dateien zu. So verliert man die delegierte Aufgabe nicht aus den Augen.

Ich würde mich freuen, wenn du Anregungen zu diesem Beitrag hast. Welche bewährten Ansätze zum Delegieren hast du in der Vergangenheit identifiziert und eingesetzt?

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